Sonntag, 26. Juli 2009

Sieben magische Minuten bei Sara Thunebros schwedischem Abschiedsspiel


Es war ein Match mit mehreren Besonderheiten. Als ich das Gelände von Skytteholms IP betrat, leuchtete mir der neue Kunstrasen in perfekt sattem Grün entgegen. Man hat die Aussenlinie zur Haupttribüne hin etwas verschoben. Früher hockten und sassen wir Fotografen dicht an der Bande mit der Gefahr beim einen oder anderen Duell an der Seitenauslinie mit ins Spiel zu geraten.

Es war das letzte Spiel vor einer mehr als zweimonatigen Pause, die man nun wegen der herannahenden Women's Euro 09 in Finnland einlegt.

Es war das letzte Spiel der 30-Jährigen Aussenverteidigerin Sara Thunebro für Djurgården damfotboll. Fast zehn Jahre hat sie zusammengerechnet für den Verein gespielt, ist zweimal schwedische Meisterin geworden und vor allem hat sie sich hier zu einer der derzeit besten Aussenverteidigerinnen der Welt etabliert. Und nicht nur das. Sara Thunebro ist ein Aushängeschild für den Frauenfussball und deswegen kann man in Frankfurt, ihrer nächsten Clubadresse, genauso jubeln, dass sie dort zwei Jahre spielen wird wie man hierzulande die Nummer 5 Djurgårdens mit ihrem Markenzeichen, dem breiten weissen Stirnband, vermissen wird.

Auch gestern war Sara, oder Thunis, wie sie von ihren Mannschaftskameradinnen genannt wird, eine der tonangebenden Spielerinnen.

Zunächst bemühte sich AIK das Heft in die Hand zu nehmen, aber das dauerte nur wenige Minuten. Man kam nicht durch die gut stehende Viererkette, die Anders Johansson ummöblieren musste, da Amme Norlin wegen einer Verletzung nicht dabei war. Malin Engdahl spielte auf ihrer Position in der Innenverteidigung, die junge Freja Hellenberg kam als Aussenverteidigerin ins Team.

Wo Sara Thunebro in den letzten Wochen im linken Mittelfeld spielte. Sie bestätigte mir vorgestern, dass Johansson sie ins Mittelfeld platziert hat, weil er schon für die Zeit nach ihr die Abwehr einspielen will. Aus meiner Sicht ist Thunebro jedoch als Mittelfeldspielerin ebenso gut wie als Verteidigerin, wo sie von jeher eine wichtige Rolle in der Offensive spielte.

Djurgårdens Angriffe wurden stärker, das Team wirkte entschlossener und eingespielter, hatte Chancen, auch durch Thunebro die mehrfach auf der linken Seite durchbrach und dann (ich sass direkt an der Aussenlinie) zweimal für mich unbegreiflich statt zu schiessen, den Pass in die Mitte wählte, Linda Sällström suchte, die aber von Frida Höglund zunächst am Tor gehindert werden konnte.

Dann die sieben Minuten, die man selten in einem Fussballspiel erlebt und die geradezu nach Klassenunterschied rochen. In der 27. Minute findet Linda Fagerström Kapitänin Victoria Svensson, die auch mit 32 Jahren weiterhin die torgefährlichste Spielerin ihres Teams ist. "Vickan" spitzelte den Ball ins Netz. Eine verdiente Führung.

In der 31. Minute abermals Pass von Fagerström zu Svensson, die dieses Mal aus knapp 20 Metern abzieht und wieder trifft - 2:0.

60 Sekunden später kommt eine Flanke von rechts von der neuen Freja Hellenberg in den Strafraum und Marijke "Coco" Callebaut (siehe Porträt in diesem Blog) drückt den Ball zum 3:0 ins Netz - ihr siebter Saisontreffer.

Und dann ist auch Sällis dran. Sie bekommt eine exakte Vorlage und zeigt, dass sie neben ihrer Schnelligkeit eine weitere Topqualität erhalten hat, die sie zumindest dann und wann aufblitzen lässt - den perfekten Treffer, sie nimmt das Ding volley und es steht unglaublicherweise 4:0 nach nur 34 Minuten.

AIK atomisiert innerhalb von 420 Sekunden. Patrik Jidefalk, der junge Trainer des Gastgebers, wechselt nun Kimerbly Gustafsson ein, die seit Wochen eine steigende Formkurve hat, den Sprung von der zweiten Liga (Bollstanäs) in die erste endlich vollzogen hat. In der zweiten Halbzeit sollte das eine Rolle spielen.

In der Kabine, so sagte Jidefalk nach dem Spiel, sei er nicht laut geworden, das hätte auch nichts gebracht in der Situation. Er habe seine Spielerinnen nur eine Frage gestellt: "Wenn Djurgården es schafft, gegen uns vier Tore in sieben Minuten zu machen, glaubt ihr dann, dass wir gegen die vier Tore in 45 Minuten machen können?"

Djurgården war in der zweiten Hälfte natürlich verhaltener und liess AIK unverständlicherweise ins Spiel kommen und sich das Heft aus der Hand nehmen. Nun spielte man in Reihen der Schwarzgelben endlich auf die Flügel und verunsicherte die Abwehr Djurgårdens. Gustafsson machte das 1:4 in der 49. Minute, ihr erster Treffer in der höchsten Liga.

AIK drängte nun, war spielbestimmend und damit kann Johansson bei aller Freude nicht zufrieden sein. 2:4 in der 70. Minute durch Hanna Folkesson, die zweite junge Spielerin bei AIK, die seit Wochen in Hochform ist. Was man nicht vom Rest der Mannschaft behaupten konnte.

Es gab Chancen zum Anschlusstreffer und mehrfach rettete Islands Nationaltorfrau Gudbjörg Gunnarsdottir. In der letzten Viertelstunde war das Spiel mehr ausgeglichen und Djurgården schaukelte den verdienten Sieg nach Hause, aber für meinen Geschmack war AIK manchmal zu nah am 3:4 und dann hätte das Spiel noch kippen können. Das ändert aber nichts daran, dass Djurgården sich in den ersten 45 Minuten wie ein absolutes Topteam präsentierte.

So aber sind die Verhältnisse klar. Djurgården vorübergehend auf Platz 5, neun Punkte vor AIK, dessen Saison schon vor der Partie verkorkst war.

Für viele Spielerinnen nun eine lange Pause, für einige andere beginnt nun (nach der Nominierung am Dienstag) die Vorbereitung auf die EM in Finnland.

Foto: Sara Thunebro wählt hier den Pass in die Mitte anstatt zu schiessen... Mehr Fotos auf http://www.flickr.com/photos/hagersten/sets/72157621826570602/.

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